Ahrweiler Empfehlungen
Vorbemerkung
  • Vom 27. – 29. Juni 2007 hatte 
    • die Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ)  des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
    • gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) 
Vertreter der Bundesländer nach Ahrweiler zum Workshop „Kulturgutschutz – Aktuelle Herausforderungen und Perspektiven“ eingeladen. Die Referate des Workshops liegen auf CD vor.

Mein Kommentar: 

Bei diesem Workshop ist ein entscheidender neuer Schritt gelungen: Wichtige Entscheidungsträger aus den Verwaltungen der Bundesländer kamen zusammen und diskutierten Referate von deutschen Experten (z.B. Flut 2002, Anna Amalia Bibliothek 2004) sowie Berichte über den Stand der Kulturgutschutz-Organisation in der Schweiz (Büchel) und Österreich (Prof. Czerny). Dabei hat insbesondere das Beispiel Schweiz eindruckvoll gezeigt, dass starke föderale Strukturen überhaupt kein Hinderungsgrund sein müssen, um bundesweit effizienten Strukturen im Kulturgutschutz zu etablieren. Die “Eidgenössische Kommission für Kulturgutschutz“ z.B. ist so gut aufgestellt, dass ein Nationales Komitee von BLUE SHIELD überflüssig scheint.

  • Als Abschluss des Workshops wurden von den Teilnehmern die „Ahrweiler Empfehlungen“ erarbeitet und verabschiedet; sie sollen als „Agenda“ für alle am Kulturgutschutz in Deutschland Beteiligten dienen. Es wird angestrebt, dass der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien  in 1 – 2 Jahren diese Teilnehmer zu einem Nachfolge-Workshop zusammenruft, in dem das Erreichte bilanziert und weitere Strategien entwickelt werden sollen.
Ahrweiler Empfehlungen
 
Entwicklungsperspektiven für den Kulturgutschutz in Deutschland
verabschiedet von den Teilnehmern des Workshops Kulturgutschutz
am 29. Juni 2007 in Ahrweiler

 
Seit einigen Jahren gibt es viele praktische Fortschritte im Bereich Kulturgutschutz und ermutigende Beispiele für lokale und regionale Vernetzung (z.B. Weimarer Notfallverbund). Doch bei den zuständigen Stellen in Bund, Ländern und Gemeinden ist bei Aufgabenprofil, Richtlinien, Umsetzung und Kooperation kaum eine Weiterentwicklung zu beobachten. Hier besteht ein dringender Handlungsbedarf:

1) Die Bundesrepublik Deutschland muss umgehend das 2. Protokoll zur Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten ratifizieren.

2) Der Vergleich mit Österreich und der Schweiz beweist, dass es im Rahmen kulturföderaler Strukturen möglich ist, auf der nationalen Ebene Kulturgutschutz auf höchstem Niveau zu verwirklichen. Wir raten daher, in Deutschland an diesen guten und langjährigen Erfahrungen anzuknüpfen, z.B. bei der Erfassung schützenswerten Kulturgutes.

3) Wir empfehlen konkret, auf Bundesebene ein Kulturgutschutz-Komitee (Zusammensetzung ähnlich wie in der Schweiz) einzurichten.

4) Jedes Bundesland sollte einen Beauftragten für Kulturgutschutz benennen, der zum einen nach innen die in verschiedenen Ressorts und Länderbehörden angesiedelten Teilaufgaben des Kulturgutschutzes koordiniert und zum anderen das Land bei der bundesweiten Kooperation vertritt.

5) Kulturgutschutz kann nur dann gelingen, wenn auf allen Ebenen (Ministerien, Kulturverwaltungen, Verbände, einzelne Einrichtungen) diesem Thema mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird und die personellen, technischen, logistischen und finanziellen Ressourcen angemessen sind. Dies bedarf dringend einer Überprüfung und Neubewertung.

6) In Übungsszenarien und Krisenstäben sollte auf allen Ebenen der Kulturgutschutz vertreten sein. In jedem Fall muss jedoch im Krisenstab (Verwaltungsstab und Führungsstab) der unteren Katastrophenschutzbehörde ein Kulturgutschutzbeauftragter integriert werden.

7) Die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet des Kulturgutschutzes muss stärker in das Krisenmanagement der Gefahrenabwehrbehörden einbezogen werden.

8) Die Errichtung von Notfallverbünden auf lokaler und regionaler Ebene ist zu unterstützen.

9) Pilotprojekte von Kommunen oder Bundesländern sind in der gegenwärtigen sehr unbefriedigenden Situation höchst willkommen. Sie sind daher zu fördern und auf bundesweite Übertragbarkeit zu prüfen. Insbesondere empfehlen wir, dass das begonnene Projekt der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen (KNK) zur Entwicklung eines Handlungsleitfadens forciert und ein bundesweit nutzbares Abschlussergebnis vorgelegt wird.

10) Kulturgutschutz muss stärker Gegenstand der angewandten Forschung werden.

11) Kultureinrichtungen und Fachverbände sollen stärker und überregional zusammenarbeiten. Hierzu müssen bundesweite Netzwerke (z.B. BLUE SHIELD Deutschland) oder gemeinsame Ressourcen (z.B. regionale Notfallhilfe-Depots) oder mobile Einsatzgruppen (z.B. Restauratoren-Pool) neu geschaffen werden.

                                                                          

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